GRIP GEARHEADS: Thomas Argyropoulos und sein VW Golf 2

Manche Fahrzeuge sind einfach zeitlos. Sie sind jetzt cool, waren vor 40 Jahren cool und werden auch in Zukunft noch cool sein. Wie der VW Golf 2. Bei diesem auf VR6 umgebauten Klassiker hat Thomas Argyropoulos allerdings noch eine ordentliche Schippe draufgepackt

Der Schwabe mit griechischen Wurzeln fährt nicht zufällig eine alte Karre, weil es für eine neue nicht reicht: Er fährt aus voller Überzeugung 1. Golf, 2. Golf 2 und 3. VR6. Warum ausgerechnet Golf? Thomas zuckt mit den Schultern: „Aussehen, Design, Motor.“ Gemeint ist natürlich nicht der schmalbrüstige 1,6-Liter, sondern der satte 2,8-Liter-VR6, eingeführt 1991, fünf Jahre, nachdem Thomas´ Silberling das Licht der Welt erblickte. Von diesem Motor wurden noch andere Derivate mit größerem Hubraum entwickelt, der wohl berühmteste VR6 fand sich im Golf 4 R32 in Form eines 3,2 Liter großen Sechszylinders.

Thomas fuhr seinen ersten Golf bereits mit 17. Einen Dreier in Tornadorot mit Jubiläumsausstattung, umgebaut auf VR6. Dass der Youngster den Klassiker lieben gelernt hat, beweist die Tatsache, dass er sich heute wiederden exakt gleichen zugelegt hat, leider „nur“ in der 2-l-GTI-Version. Aber genug ist nicht genug und die Suche nach einem VR6 begann. Seit 1991 steht der VR6, die Mischung aus V- und Reihenmotor, vor allem für eines: viele Zylinder bei möglichst wenig Bauraum. Längst hatte die VW-Szene die Tuningmöglichkeit für sich entdeckt und baute den VR6 in die Zweier-Karosse ein. Und das war längst nicht das Ende der Fahnenstange, nicht wenige zerpflückten den Motor und setzten das Puzzle mit feinsten Komponenten wieder zusammen: neue Kolben, Pleuel, Nockenwellen und natürlich fette Turbolader bringen den braven Golf zum Fliegen.

Genauso einen wollte Thomas. Er suchte gefühlt ewig und wurde im letzten Sommer bei Hannover fündig: 86er Golf 2, ausgestattet mit einem HGP-Motor, aufgebohrt auf drei Liter und bestückt mit Bi-Turbolader. Das Ganze provisorisch zusammengebaut und bereit fürs Feintuning. Der Vorbesitzer wollte sich lieber dem Hausbau widmen und sich daher von der fortgeschrittenen Resto verabschieden. Thomas fackelte nicht lange, holte das Projekt mit seinem Kumpel Philipp ins heimische Owen bei Stuttgart und legte los mit dem Finish. Als gelernter Werkzeugmechaniker war Thomas ganz gut aufgestellt, vertraute aber dennoch in weiten Teilen auf das Knowhow von Kennern.

Bei BTM Turbo wurde der Motorraum auf Vordermann gebracht, alle Schläuche etc. erneuert und sauber verlegt, die Ventildeckel und alle Ladedruckrohre in Schwarzglänzend gepulvert, Downpipes neu gewickelt und angepasst, die Turbowindeln gewechselt (doch, doch, heißt so!)  und die Rumpfgruppen erneuert. Zwei GT28 Turbolader werkeln unter der Haube und pushen den Golf auf  satte 313 PS! Eingetragen und abgesegnet!

Genug? Nicht genug. Mittels eines Dampfrads lässt sich der Druck der Lader auf 2 Bar erhöhen und einstellen und damit die Leistung hoch- und runterdrehen. „Bis zu 700 PS sind möglich“ verkündet der stolze Eigner, „gemessen wurden offiziell 692 PS.“ Bevor Thomas am Rad dreht, sucht er selbstredend einen abgesperrten Kurs auf, um den Golf mit der Höllenleistung zu konfrontieren. Ist der Kraftschluss hergestellt, saust der Zweier nach vorne, dass die Reifen sich in Rauch auflösen. Eine Brembo Junior Bremsanlage vom Porsche 996  bringt die blitzschnelle Fuhre wieder zum Stillstand, wenn es sein muss.

Thomas Golf kann auch mit inneren Werten überzeugen. Abgesehen von dem aufgeladenen Motor ist so gut wie alles im und am Golf im Serienzustand, respektive alles, was  von 1986 bis 1996 an Tuning verbaut werden durfte, wurde eingehalten, um die H-Zulassung nicht zu gefährden. Einzig die große Bremse gab es damals nicht, aber da sie sicherheitsrelevant ist, drücken die Prüfer ein Auge zu. Sogar der Lack ist authentisch, ein begnadeter Aufbereiter von KV Design (Insta: kvdesign_detailing) hat sich das Auto vorgeknöpft. „Er hat den Golf, ohne zu übertreiben, in einen neuwertigen Zustand versetzt, ohne die alte Substanz zu gefährden“, bewundert Thomas die respektable Leistung, „er hat den Dreck mit Wattestäbchen aus jeder Ritze geholt, die Felgen aufbereitet und poliert, den Innenraum mit Ozon behandelt und die Stoßstangen repariert.“ Das Ergebnis kann sich sehen lassen. Der 36-Jahre-alte Golf steht da wie Phönix aus der Asche, der 26-jährige Besitzer weiß, was er an dem immer schwieriger aufzutreibenden Klassiker hat. Als Daily bewegt  er weder den Polarsilbernen noch den Roten, da geht er tatsächlich fremd und fährt einen Offroader von Nissan. „Die Golf sind zum Sammeln“, betont Thomas, „die dürfen nur bei schönem Wetter raus.“ Als nächstes soll ein Käfer die VW-Familie vergrößern und dann schauen wir mal weiter. Wie gesagt: Genug ist nicht genug …

Technische Daten VW Golf 2

Baujahr: 1986
Hubraum: 3.000 cm3
Leistung: 230 kW (313 PS) Racemodus 515 kW (700 PS)
Drehmoment: 530 Nm max./Racemodus 790 Nm
Getriebe: 6-Gang-Schalter
Antrieb: Vorderradantrieb
L/B/H: 3.985/1.665/1.415 mm
Gewicht: 1.080 kg
Beschleunigung: 0-100 km/h nicht messbar
100-200 km/h 7,9 s /Racemodus 100-200 km/h 6,5 s
Vmax: 250 km/h Vmax abgeriegelt/ Racemodus 307 km/h
Wertgutachten Zustandsnote 1-
Wiederbeschaffungswert: 37.200 Euro

Text: Marion Kattler-Vetter, Fotos: Jan Hofmann Insta: hfmnn.media

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