IRMSCHER SEINE GROSSE SHOW: Opel Manta B GSI
„Ich heiß‘ Heinz, ja der Name is auch schnuppeeee. Kanns‘ ma lieber Manni zu mir sagn!“ Himmel hilf, die späten 80er haben tiefe Narben in unserem kollektiven Bewusstsein hinterlassen. Nicht nur musikalisch, auch die Veredelungen einst schöner Limousinen zu etwas…. anderem prägten das Straßenbild der noch nicht wiedervereinigten Republik. Während heute ältere Semester die original gelassenen Modelle zu Höchstpreisen aufkaufen, sind die Tuner-Stilblüten sehr rar geworden. Alles Geschmackssache. Damals wie heute
Es ist ein hartnäckiges Gerücht, dass Mantafahrer wirklich so dämlich waren, wie ihnen in den ungezählten Witzen nachgesagt wurde. Die Käufer der Neuwagen hatten Geschmack und setzten sich mit einer eigenständigen Sportlimousine vom Einheitsbrei der Masse ab, und das noch nicht einmal besonders preiswert. Aber besonders waren sie trotzdem, oft mit verstärkter Antenne (damit man den ganzen Fuchs dranhängen konnte) und einem Strohballen auf dem Beifahrersitz. Hauptsache blond. Die Mannis der Republik, die erst ab den 90ern so genannt wurden, gaben alles. Der Film „Manta Manta“ mit Til Schweiger und das Lied der Hamburger Studentenband „Norbert und die Feiglinge“ untermauerten die klischeehafte Weiterverwertung eines Autos, was man wunderbar tunen und bekleben konnte. „Wa? Ne Anlage von Kenwood? Ich dachte die bauen nur Heckscheiben?“ Auch in zweiter oder dritter Hand sollte schon ein wenig Geld auf dem Konto liegen, um den Manta selbst oder die vielen Verschönerungen der Tuner bezahlen zu können. Damals musste ein Mensch noch irgend etwas können, um Geld zu verdienen. Und wenn es handwerkliches Geschick war, das ließ sich dann später gleich am angegrauten Auto perfektionieren. Alles ließ sich beim TÜV eintragen, auch das Wildschwein von dem Unfall im Wald vorgestern und der Duden auf der Hutablage.
Tatort Rüsselsheim, sozusagen bei den Verursachern vor Ort. Zum Frühstück gab es Tune-Fisch. So vorbereitet stehen wir vor einem silbergrauen B von 1988, und ein Klischee zerplatzt mit einem lauten PLOPP. Der ist ja gar nicht so…. schlimm? Keine dreieckigen Pedale, damit die Cowboystiefel besser draufpassen? Kein vergitterter Auspuff, damit keine Kaninchen reinkrabbeln? Zum Glück auch ohne Schiebedach, welchen Arm sollte man denn da noch raushängen lassen? Na, nervt es schon? Ein paar kommen noch. Irmscher hat diesen GSI von 1988 ab Werk veredelt, das heißt, er ist so ausgeliefert worden. Opel hätte sich eine Menge Schmäh anhören müssen, wenn sie damals in den Verkaufsräumen das mit angeboten hätten, was später in übertriebener Form von selbsternannten Tunern in den heimischen Garagen gebastelt wurde. Nein. Irmscher hat ein aus heutiger Sicht erstaunlich stimmiges Teil auf die vier breiten Räder gestellt. Vier runde Scheinwerfer (Mantafahrer wünschten sich davon acht, um auch nachts noch die Sonnenbrille tragen zu können), flankiert von reichlich Kunststoff in Wagenfarbe. Die Front-, Seiten- und Heckschürzen verbesserten zusammen mit dem Spoiler tatsächlich die Fahreigenschaften des Opels nennenswert. Der 2-Liter Motor mit elektronischer Einspritzung, Schubabschaltung und Fünfganggetriebe trieb das Auto bis knapp 200 km/h und verbrauchte dabei nur knapp 10 Liter Super. Wem es also gefiel – der bekam ab Werk ein tatsächlich optimiertes Fahrzeug.
Die Erfolgsgeschichte des Schräghecks geht zurück bis 1975, als der Manta A vorgestellt wurde und dem Ford Capri sehr erfolgreich Feuer unter’m Arsch machen sollte. Über den A witzelte auch später niemand. Der war bald eine Stilikone, der Inbegriff der sportlichen deutschen Reiselimousine und ein robuster Freund mit Baukastensystem in rassiger Karosserie.
Als 1975 der B ins Bild sprang, war er nicht viel mehr als eine wenig rassige Variante des fast baugleichen Asconas. Die Werbetexter gaben ihr ganzes Herzblut und texteten epische Anzeigen in dem Stil: „Ich träumte, ich hätte im neuen Opel Manta dem Champion den Grandprix abgejagt“, oder „Ich träumte, ich wäre im neuen Opel Manta mit Caroline durch Monaco gefahren“ Muuuhahahaha! Der Effekt war, dass viele potenzielle Kunden sich schriftlich an den Opel Konzern wandten und erklärten, sie würden den neuen Manta definitiv nicht kaufen. Sie hatten Angst, sich mit dem Auto lächerlich zu machen. Na – wenn die damals gewusst hätten was später kommen sollte…..
Die internen Pläne, einen nur 80cm breiten Manta zu bauen (damit der Fahrer den linken UND den rechten Arm aus dem Fenster lehnen konnte) wurden schnell wieder verworfen. Vor allem, weil die PIONEER Aufkleber über einen Meter breit waren und nicht auf die Heckscheibe gepasst hätten. Aber nach der Rasse des Vorgängers und dem recht biederen Start des Nachfolgers können wir den Werkstunern nur dankbar sein, dass sie durchdachte, stimmige Varianten der grundsoliden Limousine auf den Markt geworfen haben, oder? Ein paar Namen klingeln noch laut in den Ohren derer, die die Mantawitze heute überhaupt noch verstehen. LEXMAUL. Ach ja. MANTZEL. Geil. IRMSCHER. Jaaaaaa! Sie waren mehr als lackierter Kunststoff. Sie verhalfen dem Fahrzeug zu überlegenen Rallye-Erfolgen, gaben der Marke Opel ein sportliches Image und prägten das Straßenbild einer ganzen Generation.
Mit leichter Ehrfurcht sitzt es sich auf den zweifarbigen Recaro Schalensitzen. Vier kleine Rundinstrumente für Tank, Wassertemperatur, Batteriespannung und Verbrauchs-Orakel parken asymmetrisch neben zwei großen mit dem Tacho und dem Drehzahlmesser. Das war es auch schon an notwendigen Informationen, alles andere ist graues Plastik und graues Velours. Sportlich unterkühlt, aber bequem und stimmig in Zeitgeist und Gesamtbild. Fenster runterkurbeln, na klar (ein Mantafahrer macht das im Leben nur ein Mal), ganzjährig den Arm raus, Gang rein und ab dafür! Kreuz und quer zwischen Werkshallen und Produktionsanlagen durch, immer verfolgt von dem Vorgänger A, der neben dem B fast zierlich wirkt. Aber auch der Manta B ist kompakter als erwartet, dabei agil und drehfreudig. Die Sitze halten einen gut in den Kurven, ab und an muss sogar der aus dem Fenster hängende Arm reingenommen werden, um fester am dreispeichigen Lenkrad zupacken zu können.
Unter der langen Haube dreht der längs eingebaute Vierzylinder munter und mechanisch vor sich hin, unter der Plastikhutze am Heck brollert der einzige Auspuff kraftvoll, aber nicht übertrieben die Abgase in die Welt. Mehr war 1988 nicht nötig, um die anderen von der linken Spur zu drücken. Irmscher legte damals noch drauf und baute mit dem i240 rund 600 Exemplare mit dem 2.4 Liter Motor. Noch seltener ist heute der i300 mit dem Reihensechser aus dem Opel Monza. Es gab nur 27 Stück. Wo mögen sie heute sein? Der einfache Aufbau des Vierzylinders inspirierte auch später noch viele Tuner und Bastler, aus dem robusten Wagen etwas anderes zu machen. Einige übertrieben dabei heftig und machten den Manta zu dem, was er später werden sollte.
Niemand reißt heute mehr Mantawitze. Und selbst die härtesten Kritiker von damals bleiben sowohl andächtig stehen, wenn sie ein Original sehen („oooooh ist der selten geworden“) als auch, wenn sie von einem echten Tuningexemplar überholt werden („ooooh ich weiß noch in wen ich verliebt war, als die damals unterwegs waren“). Die Mannis von heute haben Kohle, die Friseusen von damals leiten heute die Salons. Zeiten ändern sich. Steht ein Manta vor der Uni – na? Eben. Ein Student mit Geschmack. Boah ey.
Technische Daten:
Opel Manta B GSI
Baujahr: 1988
Motor: Vierzylinder Reihe
Hubraum: 1.997 ccm (122 cui)
Leistung: 81 kW (110 PS) bei 5.400/min
Max. Drehmoment: 162 Nm bei 4.600/min
Getriebe: Fünfgang Handschaltung
Antrieb: Hinterräder
Länge/Breite/Höhe: 4.445/1.670/1.330 mm
Leergewicht: 1.020 kg
Beschleunigung 0-100 km/h: 10,4 Sek.
Top-Speed: 192 km/h
Neupreis: ca. 24.500 D-Mark
Autor: Jens Tanz – Fotos: Andreas Liebschner, Jens Tanz
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