GRIP GEARHEADS: Marcel Krechoweki und sein VW Golf 7 GTI TCR
Treue wird belohnt. Im Supermarkt gibt es Sammelpunkte, für 25 Jahre Vereinsmitgliedschaft die Silberne Ehrennadel. In Wolfsburg gibt’s zwar keine Gutscheine fürs Freibad oder eine Fahrt mit dem VW-Bähnle wie in den 50er Jahren mehr, doch sonnt man sich bis heute in dem Gefühl, Teil einer großen Familie zu sein. Marcel und sein Golf 7 GTI TCR gehören dazu
Am Stammsitz des immer noch weltgrößten Automobilkonzerns hat die Stadt gerade mal doppelt so viele Einwohner wie der VW Konzern Mitarbeiter: 124.150 Einwohner zählt Wolfsburg, 60.000 Frauen und Männer arbeiten alleine an diesem Standort bei VW. Die meisten kommen aus der Stadt, in jeder Wolfsburger Familie gibt es einen, der „bei VW“ ist. Darauf ist man mindestens so stolz wie der Schwabe, der „beim Daimler schafft“. Konzern, Stadt und die Menschen haben eine gemeinsame Geschichte: 1,6 Quadratkilometer Produktionshallen, 75 Kilometer werkseigenes Straßennetz, drei eigene Buslinien, unzählige Parkplätzen und Radwege verbinden.
Einer in der Wolfsburger Welt ist Marcel Krechoweki. Lehre und das erste Jahr als Fachlagerist waren noch unternehmensfremd, aber seit fast zehn Jahren ist der mittlerweile 30-Jährige Braunschweiger im Werk angestellt. Genau wie sein Vater, sein Onkel und weitere Mitglieder der Familie. Natürlich fährt er ausschließlich VW-Modelle, angefangen beim 45-PS-Polo direkt nach dem Führerschein, der allerdings nach der Ausbildung vom 230-PS-Golf 5 GTI Edition30 abgelöst wurde. „Volkswagen-Fan bin ich schon immer“, sagt Marcel, der als Baby in Papas GTI herumgeshuttelt wurde. Was im heimischen Gitterbett nicht funktionierte, klappte im Einser-Golf auf Anhieb: Der Junge schlief klaglos ein und inhalierte dabei ungefiltert die VW-Gene . Der Vater fährt übrigens bis heute ein 1er Golf Cabrio, wenn auch nicht zur Beruhigung des Nachwuchses. Denn Marcel ist mittlerweile selbst extrem gut ausgestattet. Zuerst kam ein Golf 5 GTI Edition 30 in Weiß – wie in der Familie üblich, optisch bisschen aufgerüscht.
Auch unter der Haube war viel passiert, Downpipe, Abgasanlage, Ladeluftkühler und, und, und … Ergebnis: sportliche 360 PS und 480 Nm. Nach dem GTI stieg Marcel auf einen Golf 6 Diesel (!) um. Sparsamkeit? Vernunft? Griff ins Klo? Nach rund zwei Wochen war der Mann mit den Nerven am Ende: Es musste wieder was Schnelles ins Haus! Richtig schnell! Marcel überlegte, sich einen Golf 7 R zu bestellen, hatte im Hinterkopf allerdings längst den TCR. Nach der Probefahrt beider Gölfe war alles klar: Schon in der ersten Kurve war Marcel schockverliebt und wusste: Nur der TCR! Selbst die Farbe stand fest: Pure Grey, was ihn bis heute überzeugt. Bei aller Begeisterung kam auch wieder die Vernunft durch: „Was ich am interessantesten fand war, dass im Serienauto über 60 Prozent baugleiche Teile wie im Rennwagen stecken. TCR bedeutet nämlich Touring Car Racing.“
Im November 2019 war es soweit: Marcel durfte seinen nagelneuen Traumwagen aus der Autostadt in Wolfsburg abholen. Was nicht heißen soll, dass der Traum nicht noch ausbaufähig war. „Ich hab mir immer vorgestellt, endlich einen GTI zu besitzen, den ich nach meinen Wünschen konfigurieren kann“, so der stolze Eigner des grauen TCR, und so ließen die ersten Modifikationen nicht lang auf sich warten. Um es kurz zu machen: Dach, Chromleisten und Spiegelkappen wurden schwarz foliert, ebenso die VW Embleme und GTI Logos. Um das ohnehin sportliche Fahrwerk noch straffer zu machen, wurden ein KW V3 Gewindefahrwerk und H&R Stabis verbaut, zudem stimmte 413Motorsport in Duisburg Fahrwerk, Spur und Sturz sorgfältig ab. „In Verbindung mit dem Michelin Pilot Sport Cup2 Reifen sind jetzt hohe Kurvengeschwindigkeiten überhaupt kein Problem“, freut sich Marcel über die spürbar optimierte Performance.
Die serienmäßige Akrapovic Abgasanlage machte einer Klappenabgasanlage der Firma DTH Turbo Platz, die den Eigner mit dunklem Gänsehaut-Sound erfreut. Da akribische Fahrzeugpflege in der Familie einen hohen Stellenwert besitzt, wurde der TCR keramikversiegelt, ist selbstredend saisonzugelassen und wird nur an schönen Tagen bewegt. Ein paar Feinheiten stehen noch aus, wie z.B andere Felgen, Clubsport Schalensitze, eine große Bremsanlage und ein Alcantara-Lenkrad, das gerade in Arbeit ist. „Der TCR ist ein tolles Zweitauto“, ist Marcel rundum zufrieden mit seinem Racer. Im Alltag fährt er einen Polo, keine 45-PS-Möhre wie in den Anfangsjahren, sondern einen amtlichen 101-PS-Renner, anders würden die 20 Kilometer von Braunschweig nach Wolfsburg ja keinen Spaß machen. „Mein Ziel war es immer, einen GTI zu fahren, der sich von anderen abhebt und der sich auf der Landstraße wohlfühlt“, zieht Marcel zufrieden Bilanz. Das hat ja geklappt. Platz für Träume gibt’s dennoch, ein Porsche 911 GT2 RS zum Beispiel, ein Audi TT RS, ein Golf 4 R32 oder auch ein 1er Golf GTI. Alles nett, aber alles sehr teuer, bzw. unbezahlbar. Dann doch lieber TCR, da weiß man, was man hat, ist bei einschlägigen Treffen der King und beim GTI-Treffen in der Autostadt am oberen Ende der Leistungsskala. Die Träume nimmt einem ja keiner. Hauptsache, man bleibt dem Konzern treu …
Technische Daten VW Golf 7 GTI TCR
Baujahr: 2020
Hubraum: 1.984 cm3
Leistung: 213 kW (290 PS)
Drehmoment: 380 Nm max.
Getriebe: 7-Gang-DSG
Antrieb: Frontantrieb
L/B/H: 4.295/1.789/1.465 mm
Gewicht: 1.430 kg
Beschleunigung: 0-100 km/h in 5,5 s
Vmax: 260 km/h
Basispreis: ab 38.950 Euro
Text: Marion Kattler-Vetter, Fotos: Christoph Neumann
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